PERSONAL CUTS heißt die Ausstellung, die am 8. Juni in der Maison de la Culture in Diekirch eröffnet wurde und dort noch bis zum 1. Juli zu sehen ist. Die ausstellenden Künstler sind Jugendliche im Alter zwischen 12 und 16 Jahren. Sie sind erst seit letztem Herbst im Land und sind Schüler einer Accueil Klasse des Lycée classique de Diekirch.
Es war schwierig für die anfangs neun Schüler – sechs gesellten sich im Laufe des Jahres hinzu – sich in ihrer neuen Heimat zurechtzufinden und eine der hier unterrichteten Sprachen zu lernen. Dies vor allem da manche unter ihnen gar keine der gängigen Schul- oder Landessprachen beherrschten und sich somit nicht mitzuteilen oder auszudrücken vermochten. Dass sie es geschafft haben, Fuß zu fassen, verdanken sie ihren engagierten Lehrern – und dem Projekt „Nous faisons notre Musée“. Initiatoren des Projekts sind der SCRIPT, der sich im Bildungsministerium um den Bereich der pädagogischen und technologischen Innovation kümmert, sowie das Musée d’histoire[e]s de Diekirch.
Im Oktober 2017 waren die Jugendlichen ein erstes Mal im Geschichtsmuseum in Diekirch. Direktorin Carine Welter führte durch die Dauerausstellung und erklärte ihnen, was die ausgestellten Gegenstände bedeutet haben mochten, für die Menschen, die sie in einer fernen Vergangenheit hergestellt haben.
In einer zweiten Phase besuchte Enrico Lunghi als Vertreter des SCRIPT die Schüler im Lycée classique de Diekirch während des Kunstunterrichts. Er ließ sich von ihnen ihre Lieblingsgegenstände vorstellen – das mochte für den einen ein Foto sein, für den anderen ein Pullover, Fußballschuhe, eine Kette oder gar ein Abschiedsgeschenk, das er oder sie in ihrem Herkunftsland (Portugal, Brasilien, Italien, Serbien oder Syrien) erhalten hatte. Er hinterfragte die Wahl der Jugendlichen und schärfte so ihr Bewusstsein, für die Bedeutung der ausgesuchten Objekte, welche in engem Zusammenhang mit einer sehr persönlichen Geschichte stand.
Alsdann überlegten die Schüler gemeinsam mit ihrer Kunstlehrerin Tanja Lentz, wie sie ihre „objets personnels“ als potentielle Ausstellungsstücke in der örtlichen Galerie am besten zur Geltung bringen könnten. Ausgehend von den persönlichen Objekten wurden Werke zeitgenössischer Künstler wie Marina Abramovic, Sophie Calle, Marco Godinho, Sanja Ivekovik und Nedko Solakov ausgesucht und den Schülern vorgestellt.
Hinsichtlich des Aufbaus eines Dialogs zwischen dem Thema der Ausstellung und dem Besucher, wurden den Jugendlichen die Möglichkeiten der Museografie bei regelmäßigem Arbeiten vor Ort im nahegelegenen Geschichtsmuseum aufgezeigt.
Dazu erhielten sie von ihren Begleitern Informationen wie man Ausstellungsobjekte visuell und sprachlich einfach und doch präzise und ausdrucksstark präsentieren kann, welche Rolle die Beleuchtung und die Begleittexte spielen, und wie man sich ganz allgemein den Raum im Museum „aneignet“. Am Beispiel von diesem Projekt wird der Prozess von den Anfängen (Erlebnis Museum) über die Ideenfindung und Ausarbeitung eines Konzeptes bis hin zur Austellungsgestaltung dargelegt.
Da es sich um eine classe d’accueil handelt wurde auch den Sprachen und der Sprachförderung eine große Rolle zuteil. Das gesamte Projekt basiert auf Interdisziplinarität: In Zusammenarbeit mit den Französisch- Luxemburgisch- und Englischlehrerinnen (Tanja Müller, Marta Figueriredo und Sonja Weiller) wurden hinsichtlich der Sprachenförderung die Begleittexte der Ausstellung erarbeitet und übersetzt. Dabei ging es nicht um die Interpretation von Inhalten, sondern um die neutrale Darlegung eines subjektiven Empfindens sowie um die Schilderung eines bestimmten persönlichen Erlebens. Dieses wird hier auf eine so kindliche als auch sachliche und reduzierte Art visuell und schriftlich aufbereitet, dass sie inhaltlich umso mehr – dies auch aufgrund ihre Wahrheits- und Emotionsgehaltes – emotional ergreifend ist.
Nun liegen, stehen, hängen die Lieblingsobjekte der fünfzehn Schüler aus der Classe d’Accueil des LCD in der Galerie des örtlichen Geschichtsmuseums, selbstredend in der Art, wie sie präsentiert und im zugefügten Begleittexten in 3 bis 4 Sprachen kommentiert sind. Wie sehr die Jugendlichen an diesen „objet personnel“ von welchem sie sich bis dato noch nicht getrennt hatten hängen, verdeutlicht die Besorgnis eines Jungen: „Ich hoffe, niemand stiehlt meine Fußballschuhe!“.
Zusätzlich zur Ausstellung können die Besucher sich das Making off des Projektes „Nous faisons notre Musée“ anschauen. Hier wird einem bewusst, dass es weit mehr ist als um das Konzipieren einer Ausstellung. Es geht um Sensibilisierung für Gemeinsamkeiten und Unterschiede, um Toleranz und Wertschätzung.
Geöffnet ist die Ausstellung noch bis zum 1. Juli, jeden Tag außer Montags von 10 bis 18 Uhr.